Wie es zur Gründung des St. Josef-Stifts kam

Der Verein St. Josefs-Stift Eisingen e.V. wurde 1963 von Pfarrer Robert Kümmert gegründet. Als Idee stand die besondere Verantwortung für Menschen mit Behinderung dahinter. Pfarrer Robert Kümmert wollte mit dem St. Josefs-Stift eine Einrichtung aufbauen, in der geistig behinderte Menschen wohnen, leben, lernen und arbeiten können. Auch die Pflege und ärztliche Betreuung sollten nicht fehlen.

Auslöser für die Errichtung des St. Josef-Stifts war der Besuch einer Mutter mit ihrem geistig behinderten Kind. Im Büro des damaligen Caritasdirektors Robert Kümmert stellte sie sich mit den Worten vor „Da bin ich, ich kann nicht mehr” und ließ ihren Sohn von der Hand. In weniger als einer Minute war der Schreibtisch abgeräumt und als das Kind anfing, das Bücherregal auszuräumen, sagte Pfarrer Kümmert nur: „Ich hab ja gar nicht gewusst, dass es so etwas gibt. Da muss etwas geschehen. Sie werden ja nicht die Einzige sein.”

Nach dieser prägenden Begegnung plante Pfarrer Robert Kümmert die Errichtung einer heilpädagogischen Fördereinrichtung für geistig behinderte Menschen nach dem Vorbild Johann Michael Herberichs. Pfarrer Kümmert wusste, dass in Gemünden das von Johann Michael Herberich gegründete St. Josefshaus mit Schule, Werkstätten und Landwirtschaft bestand, das aber 1940 durch die NS-Behörde aufgelöst wurde. Aus diesem Grund reiste er mit einem Expertenteam zu verschiedenen in- und ausländischen Einrichtungen, um ein optimales Ergebnis erzielen zu können. Neben Wohnangeboten wurden deshalb auch gleich Schul-, Förder- und Arbeitsstätten mit in die Planung aufgenommen. Der St. Josefs-Stift in Eisingen betrachtet sich als die Nachfolgeeinrichtung des St. Josefhauses in Gemünden.

 

Pfarrer Robert Kümmert

Gründer, Vorbild, Wegweiser

Am 3. März 1909 kam Robert Kümmert in Aschaffenburg zur Welt. Seine Eltern Johann und Katharina Kümmert waren nach seinen Worten „schlicht, gläubig und praktizierten diesen Glauben im Leben“. Während seiner Schulzeit war Robert Kümmert von seinen Religionslehrern tief beeindruckt. In seinen Memoiren schrieb er dazu 1979: „Es war zum dritten Mal ein Priester, von dem ich sagte – so willst du werden“. 1930 stellte sich Robert Kümmert im Priesterseminar in Würzburg vor. An seinem 26. Geburtstag im Jahre 1935 empfing er aus der Hand von Bischof Matthias Ehrenfried die Priesterweihe.

Pfarrer Kümmerts Leben war von einer schwierigen Seelsorgetätigkeit während des Nationalsozialismus (1935 bis 1945), einer lebendigen Caritasarbeit im zerstörten Würzburg (1945 bis 1969) und von einer fundamentalen Neuorientierung im Bereich der Behindertenhilfe (ab 1963) geprägt. Zwei Mal in seinem Leben baute er dazu einen Verein von Grund auf neu auf: den Caritasverband der Diözese Würzburg und das St. Josefs-Stift Eisingen. Nach seinem Lebensmotto „Was mir an Aufgaben vor die Füße gelegt wird, das packe ich an“ scheute er sich nicht, mit nur wenigen Mitarbeitern und keinerlei finanziellen Rückhalt große Projekte anzugehen. Gerade seine Verbindlichkeit überzeugte und begeisterte die Menschen: „Er hat nicht lange gefragt, sondern gleich mitgemacht“. So erinnern sich seine Weggefährten vor allem an die vielen Kleinigkeiten, mit denen Pfarrer Kümmert sie überraschte und die seine Person – trotz mancher Kanten – so liebenswert und einzigartig machte.

Im Laufe seines Lebens sind Robert Kümmert zahlreiche Ehrungen zu teil geworden, unter anderem der Silberne Brotteller des Deutschen Caritasverbandes, die Bayerische Verdienstmedaille und das Bundesverdienstkreuz 1. Klasse.

Die Errichtung des St. Josef-Stifts und seine pädagogisch inhaltliche Ausrichtung war Pfarrer Kümmerts große Lebensaufgabe. Am 13. November 1991 verstarb der Wegbereiter der Behindertenhilfe und unermüdliche Streiter für die Anliegen körperlich und geistig behinderter Menschen nach einem Schlaganfall im Alter von 82 Jahren. Ihm zu Ehren wurde zehn Jahre nach seinem Tod die Straße in Eisingen, die zum St. Josef-Stift hinaufführt, nach ihm benannt.